Berliner Stadtmagazin

Schloß Britz

Foto: Kulturstiftung Schloss Britz

Das ehemalige Rittergut Britz gelangte 1699 in den Besitz von Samuel von Chwalkowski, Amtskammerpräsident der brandenburgisch-preußischen Domäneverwaltung. Er ließ das alte Fachwerkgebäude der von Britzke durch ein neunachsiges, 2-geschossiges Steinhaus ersetzen, dessen Architekt im Umkreis von Andreas Schlüter (1660-1714) oder von Martin Grünberg (1655-1707) vermutet werden kann.  Die Architektur ist im Wesentlichen erhalten, wurde aber Ende des 19. Jahrhunderts im Stil der französischen Renaissance überformt und durch Anbauten erweitert.

Sigismund von Erlach, Schwiegersohn Chwalkowskis, übernahm 1705 den Gutsbesitz. Überliefert ist eine Quelle vom aufwendig angelegten Gutspark, den von Erlach hinter dem Neubau bis zur Beletage anschütten und mit Statuen, Goldfischteichen und einer Orangerie bestücken ließ. Der folgende Besitzer, Heinrich Rüdiger von Ilgen, pflanzte im Gutspark 1719 die erste Robinie (oder Pseudo-Akazie) in Norddeutschland.

Unter Ewald Friedrich Graf von Hertzberg entwickelte Schloss Britz sich zum Mustergut. Der reformfreudige Graf führte als Direktor der Seidenkommission mit viel Erfolg den Seidenbau in Britz ein und setzte in Britz eine mustergültige Landwirtschaft nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen um. Als Oberschulrat von Berlin gründete er eine der modernsten Dorfschulen seiner Zeit in Britz. In den repräsentativen Räumen des stattlichen Herrenhauses in Britz, das Hertzberg in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts um zwei Achsen erweiterte, setzte der Maler und Direktor der Akademie der Künste Christian Bernhardt Rode im Auftrag von Hertzberg der Berliner Aufklärung ein Denkmal. Zum Bildprogramm gehörten wiederholt die Darstellung der Aurora als Allegorie der Aufklärung sowie Verbildlichungen von Gelehrsamkeit und Weltläufigkeit. Angeregt durch Nicolais 1779 erschienene „Beschreibung der Residenzstädte Berlin und Potsdam“, in der das von Hertzberg zur Hochblüte gebrachte Rittergut Britz ausführlich beschrieben wird, wurde Britz lebhaft von bildungsbeflissenen Touristen besucht, die nicht nur das Mustergut rühmten, sondern auch die hervorragende Bibliothek und Gemäldegalerie Hertzbergs.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte das Rittergut Britz eine neue Blütezeit durch den bürgerlichen Gutsbesitzer Johann Carl Jouanne. Er errichtete sämtliche Wirtschaftsgebäude des Gutshofes nebst dampfbetriebener Spritfabrik neu, baute gartenseitig das Dachgeschoss des Herrenhauses aus und überformte den Eingangsbereich, wobei das Barockportal vernichtet wurde.

1865 erwarb der Bankier und Spritfabrikant Wilhelm Julius Wrede das Gut und ließ das Gebäude 1880 innen und außen im Stil der Neorenaissance von dem Architekten und Denkmalpfleger Carl Busse überformen. Zu den interessantesten Neuerungen gehörten neben markanten Anbauten (Treppenturm und Bad mit Glaslaterne) die Verlegung des Eingangsbereiches in den ersten Stock, die Anschüttung einer Rampe vor das Parterre, um den höher gelegten Eingang bequem zu erreichen und die kostbare Innenausstattung mit Eichenvertäfelung, Linoleumtapete (Lincrosta Walton), ornamentalen, kolorierten und vergoldeten Gipsstuckaturen an den Zimmerdecken sowie die imposante Verkleidung der Heißluftheizung in Form eines von Carl Dorn modellierten Kachelkamins mit Ornamenten aus der deutschen Renaissance. Erhalten blieben die barocke Enfilade der Räume im linken Flügel des Herrenhauses sowie die Ofennische aus der Mitte des 18. Jahrhunderts im heutigen Festsaal. Da die meisten Britzer Gutsbesitzer luxuriös eingerichtete Appartements oder Stadtvillen in Berlin besaßen und beim Verkauf des Gutes kaum Interesse am Inventar des Herrenhauses bestand, konnten sogar Einrichtungsgegenstände aus dem 18. Jahrhundert im Herrenhaus unbeschadet bis ins 20. Jahrhundert überdauern, wie die beiden um 1770 von Christian Bernhardt Rode gemalten Supraporten mit Darstellungen des Kaisers und der Kaiserin von China, die 1937 in Berlin für die Gemäldegalerie gekauft wurden.

Nach fast 40 Jahre langer Nutzung als Kinderheim wurde Schloss Britz in nur drei Jahren (von 1985 bis 1988) vorbildlich restauriert und mit hervorragenden, sorgfältig ausgesuchten Möbeln und Gemälden aus der Zeit des Historismus ausgestattet.

Museum - Die repräsentative Wohnkultur der Gründerzeit

Foto: Kulturstiftung Schloss Britz

Seit 1989 bietet Schloss Britz in fünf Räumen des linken Gebäudetraktes eine Dauerausstellung, die die Wohnkultur der Gründerzeit zeigt. Den Besucherinnen und Besuchern vermitteln die originalen Möbel und Dekors anschaulich und lebendig das Wohn- und Lebensgefühl des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

Die Epoche der Gründerzeit begann in Deutschland nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 und der Gründung des Deutschen Reiches 1871. Die enormen Reparationen, die Frankreich in Höhe von etwa 5 Milliarden Francs zu zahlen hatte, kamen in großem Umfang dem deutschen Kapitalmarkt zugute. Die Zeit war geprägt durch zahlreiche Gründungen von Firmen und Aktiengesellschaften. Gewinner des konjunkturellen Aufschwungs war besonders das Bürgertum. In Folge des enormen wirtschaftlichen Erfolges entwickelte sich eine nationale Hochstimmung und damit einhergehend ein erstarktes deutsches Nationalbewusstsein, was nachhaltig die bürgerliche Wohnkultur prägte. Im Historismus in der Architektur und im Kunstgewerbe spiegelte sich das neue nationale Selbstbewusstsein im Glanz vergangener Epochen, bevorzugt jener der Renaissance und der Gotik. Einen spezifisch deutschen, „altdeutschen“ Kunststil meinte man besonders in der Neorenaissance neu beleben zu können. Das aufstrebende und vermögende Bürgertum wollte den neu errungenen Wohlstand u. a. in einer repräsentativen Architektur des Hauses mit reich dekorierter Fassade und einer luxuriösen Innenausstattung der Wohnung mit hochwertigem Mobiliar zeigen.

Schlosspark

Foto: Kulturstiftung Schloss Britz

Die Anfänge des Schlossparks vermutet man um 1690. Gleichzeitig mit der Erbauung des Schlosses auf dem Fundament des frühereren Fachwerkhauses 1706 legte man einen typisch barocken Nutz- und Lustgarten der Mark nach holländischem Vorbild mit geradlinigen Sichtachsen, Obstquartieren und einem Boskett im hinteren Teil des Gartens an.

Heinrich Rüdiger von Ilgen pflanzte hier 1719 die erste Robinie milchmaedchenin ganz Norddeutschland. Ewald Friedrich Graf von Hertzberg baute ab 1753 den Garten weiter aus. 1840 wurde der Park unter Johann Carl Jouanne erweitert und überformt. Hier steht auch der inzwischen älteste Gingkobaum Berlins. Der letzte private Gutsbesitzer, Wilhelm August Julius Wrede, ließ den Schlosspark ab 1890 durch den Garteninspektor Wilhelm Nahlop mit zeittypischen Gartenkunstelementen ausstatten, es wurden u.a. neue kurvige Wegesysteme, Blumenrabatte, exotische Topfpflanzen, ein Brunnen am Beginn und ein Gartenpavillon am Ende der zentralen barocken Lindenallee angelegt.

1924 wurde das Gut an die Stadt Berlin verkauft und in den 30er Jahren der Park für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das historische Ensemble wurde von 1985-1988 sorgfältig restauriert und der 1,8 ha große Gutspark nach gartendenkmalpflegerischen Maßnahmen wieder hergestellt. In diesem Zuge ersetzte man das Original der Büste des Ministers Rüdiger von Ilgen, die Rudolf Siemering 1902 für die kaiserliche Siegesallee schuf und die seit 1954 im Park stand, durch eine Kopie.

1990 wurde der Park unter Denkmalschutz gestellt und erhielt für seine außergewöhnlich gute Pflege 1997 den Gustav-Meyer-Preis. Eine Brunnenfigur, das Milchmädchen, die 1816 Pawel Sokolow nach einer Fabel von de la Fontaine schuf, wurde 1998 zum Anlass der 10-jährigen Partnerschaft zwischen den Staatl. Museen Zarskoje Selo bei St. Petersburg und der Kulturstiftung Schloss Britz als Bronzeabguss durch den Verein “Freunde und Förderer Schloß Britz e.V.” im Park aufgestellt.

 

Autor: Kulturstiftung Schloss Britz PR
Foto: Kulturstiftung Schloss Britz

Kulturstiftung Schloss Britz

Alt - Britz 73, 12359 Berlin

Telefon: (030) 609 79 23-0

Telefax: (030) 609 79 23-39

Mail: info@schlossbritz.de

WWW : www.schloss-britz.de

 

Schloss Britz ist geöffnet Dienstags bis Sonntags sowie an Feiertagen von 11 Uhr bis 18 Uhr.

Nähere Auskünfte erhalten Sie unter Tel. 6097923-0

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19. April 2024

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